Kastelle Öhringen

Allgemein: Nachdem in der Vergangenheit immer wieder Kleinfunde gemacht wurden, begann Christian Ernst Hansselmann in den Jahren 1766 und 1767 nach dem Bürgkastell und in den Jahren 1768 und 1769 nach dem Rendelkastell zu graben. Neben den beiden Kastellen fand er ebenfalls eine Hypokaustumanlage und einige Gräber. Hansselmann berichtet schon damals von schwersten Zerstörungen an den Bauwerken, weniger ein Beweis, dass die Germanen hier besonders schlimm gewütet hätten sondern mehr ein Indiz für die Wiederverwendung der behauenen Steine für die mittelalterliche Stadtmauer und das Schloss. Leider sind die persönlichen Aufzeichnungen Hansselmanns, über die Fundstellen, in Vergessenheit geraten und von ihm auch nicht weitergegeben wurden, sodass man die Fundorte der Kastelle wieder vergass. Erst im Jahre 1861 entdeckte man zufällig, beim Bau der Eisenbahn, weitere Gräber und ein Heiligtum. Eine systematische Suche nach den Kastellen, wurde im Jahre 1871 durch von Bühler unternommen, der das von Hansselmann beschriebene Bürgkastell ausgraben wollte. Die Suche blieb aber erfolglos, da von Bühler zu weit östlich grub. Die Reichlimeskommission widmete sich dem antiken Öhringen in den Jahren 1892 bis 1894. Die Leitung hatte damals der Streckenkommissart E. Herzog, der zuerst nach dem Bürgkastell suchte.

Westkastell ( Bürgkastell ): Der Zustand des Westkastells war laut Angaben Herzogs zur Zeit der Ausgrabungen schon in einem so desolaten Zustang, dass nur noch die Umfassungsmauern gesichert untersucht werden konnten. Hier wurden interessanterweise innerhalb des Kastells, parallel zur Umfassungsmauer verlaufende Mauern entdeckt und zwar vom Nordtor zur nordwestlichen Ecke und vom Westtor zur südwestlichen Ecke. Der Zweck dieser Mauern ist unklar, vermutlich waren sie als Verstärkung gedacht, um Angriffen besser standhalten zu können. Hier wurden von der Reichslimeskommission keine Aussenlängen angegeben, sondern nur die Länge der Nord / Süd und der Ost /  West Achsen, welche 152,8 m x 159,5 m betrugen. Innenbauten wurden von Herzog nicht festgestellt, dennoch ist uns von der ersten Grabungen Hansselmanns ein Gebäude von 31 m x 18 m bekannt, bei dem es sich wahrscheinlich um ein Magazin handelte. Das Kastell war von 2 Gräben, einer 8 m und der äussere 10 m breit umgeben. Erst beim Bau des Krankenhauses, in den Jahren 1909 - 1910 wurden auch Teile des Stabsgebäudes ausgegraben, welches zu grossen Teilen aus Holz erbaut wurde. 

Ostkastell ( Rendelkastell ): Das Kastell hatte die Form eines leicht verschobenen Rechteckes mit Seitenlängen von  144,6 m ( Ostseite ), 140,8 m ( Westseite ) , 155,1 m ( Südseite )  und 157,3 m ( Nordseite ), was eine Gesamtfläche von 2,1 ha ergibt. Wie beim Westkastell wurde auch hier eine zweite Mauer innerhalb des Kastells, parallel zur Umfassungsmauer gefunden. Diese verlief aber nur vom nördlichen Tor zur westlichen Ecke. Der Abstand zur Umfassungsmauer betrug 2 m. und der Zwischenraum war mit losen Steinen ausgefüllt. Es wurde ein 8 m breiter und 1,5 m tiefer Graben ausgemacht. Das Kastell hatte 4 Tore, von denen aber nur das nördliche Tor eine doppelte Durchfahrt ( 2 m x 3,2 m breit ) besass. Das Badegebäude wurde südlich des Kastell gefunden und hatte eine Länge von 28,22 m. Die Breite konnte aufgrund der Zerstörung nicht gemessen werden.

Besatzung: Für die Kastelle in Öhringen sind uns anhand von gestempelten Ziegeln, die "cohors I helvetiorum", ein " numerus brittonum cal...., ein numerus brittonum murrensium und ab den Jahre 231, eine "cohors I septimia belgarum" bekannt.

Öhringen in der Antike: Der antike Name Öhringens lautete "vicus aurelianus" und ist von einer Inschrift bekannt, die am Sockel einer Minerva Statue eingemeisselt ist. Diese Statue ist laut Inschrift den "vicanis aurelianensibus", also den Bewohnern der "vicus aurelianus" gewidmet. Möglicherweise war Öhringen in der Antike sogar der Hauptort des "civitas aureliana", eines römischen Verwaltungsbezirks.

Öhringen heute: Von der antiken Siedlung und den beiden Kastellen ist heute in Öhringen leider nichts mehr zu sehen. Alles wurde restlos überbaut und allein Strassen und Flurnamen erinnern noch an die römische Vergangenheit. Wer sich heutzutage über die Römerzeit in Öhringen informieren will, den führt der Weg zwangläufig ins Weygangmuseum, wo ein Teil der Funde aufbewahrt ist. In der Nähe des Museums steht auch der sogenannte Rendelstein. Es handelt sich hierbei um einen mittelalterlichen Bildstock, welcher auf einem römischen Säulenschaft ruht und am Nordrand der Stadt ist ausserdem das restaurierte Fundament von Wachposten 9 / 33 zu sehen.