Alenkastell Stuttgart Bad-Cannstatt

Allgemein:  In der Antike war Cannstatt, der damalige Name ist leider nicht bekannt, ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Hier kreuzten sich wichtige römische Fernstrassen welche die Provinz Obergermanien mit der Provinz Raetien verbanden. Es wird vermutet, dass Cannstatt sogar der Hauptort einer "civitas", also eines Regierungsbezirkes war. Dafür spricht die grosse Ausdehnung des "vicus". Streufunde belegen eine Grösse der Siedlung von bis zu 30 ha. Bei Ausgrabungen im Vicus des Kastells wurden bis heute ca. 40 Tonbrennöfen gefunden. Ebenfalls wurden Teile eines Gigantenreiters gefunden, was auf die Existenz einer Jupitergigantensäule schliessen lässt. Ca. 600 m nordwestlich des Kastells, auf beiden Seiten der Strasse nach Walheim, befand sich der Friedhof. Bei  diversen Ausgrabungen wurden bis an die 3000 Gräber gefunden, davon 95% Brandbestattungen.

Kastell und Besatzung: Das Alenkastell in Stuttgart Bad-Cannstatt wurde um 85 n. Chr. aus Holz und Erde erbaut. Es besass eine Grundfläche von 2,9 ha und Seitenlängen von 185 m x 160 m. Ein 6 Meter breiter und 2 Meter tiefer Spitzgraben umgab das Kastell. Es konnten bei den Ausgrabungen, im Jahr 1907 durch W. Barteh, nur wenige Innenbauten dieses Bauzustandes festgestellt werden. Unter Kaiser Trajan, wurde das Kastell um 100 n Chr. dann in ein Steinkastell umgebaut. Der Umriss deckt sich nicht mit dem des älteren Erdkastells, sondern ist um wenige Meter in nördwestliche Richtung verschoben. Das Kastell besass vier Durchgänge, davon drei mit doppelter Durchfahrt. Eck- und Zwischentürme konnten nur in der nordwestlichen Hälfte des Lagers ausgemacht werden, es ist aber anzunehmen, dass es rundum Wehrtürme gab. Die Umfassungsmauer war ca. 0,9 m - 1,2 m dick und war in Schalenbauweise errichtet worden. Im Inneren des Lagers konnte nur das Stabsgebäude genau untersucht werden. Man fand zwar auch die Reste von zwei weiteren Gebäuden, deren Bedeutung ist aber ungewiss. Die Besatzung des Kastells bestand aus einer ca. 500 Mann starken Reitertruppe, der "ala I scubulorum", welche um 150 n. Chr. in das Westkastell Welzheim umzog. Danach ist eine zivile Nutzung des Kastells nachgewiesen.

Benefizianer: Die Fernstrassen wurden von zwei Benefiziarierstationen überwacht. Die eine lag direkt vor dem rechten Lagertor ( porta principalis dextra ) des Kastells und überwachte die Strassen aus Mainz ( mogontiacum ), Strassburg ( argentorate ) und die Neckarbegleitstrasse von Bad Wimpfen ( vicus alisinensium ) nach Köngen ( grinario ). Hier fand man eine Weiheinschrift des Stationskommandanten Serenus Atticus. Text:
I(n) H(onorem) D(omus) D(ivinae) / Deabus Quadriviis / I(ovi) O(ptimo) M(aximo) Dis Deabusque / omnib(us) SereniI(us) At/ticus b(ene)f(iciarius) co(n)s(ularis) pro / sua et suorum salute / posuit IV K(alendas) Ian(uarius) / Agricola et Clementino co(n)s(ulibus)
Zur Ehre des Kaiserhauses hat den Göttinnen des Vierwegs, dem Jupiter, dem besten und größten, den Göttern und Göttinnen allen Serenius Atticus, Benefizianer des Konsuls,  für sein und der seinigen Wohl den Stein gesetzt am 4. Tag vor den Kalenden des Januar (29.Dez.) unter dem Konsulat des Agricola und des Clementinus.

Weihestein des Atticus ( Kopie im archäologischen Park, Köngen )

Die andere Benefizianerstation lag auf der anderen Neckarseite und überwachte die Gabelung der Strasse nach Regensburg ( castra regina ) und der Strasse nach Augsburg ( augusta vindelicum ).

Römisches in Stuttgart heute: In Stuttgart selber ist heute, ausser dem römischen Haus im Schwarzwildpark, nichts mehr von der römischen Vergangenheit zu sehen. Viele Funde aus gesamt Baden-Würtemberg sind allerdings im Württembergischen Landesmuseum aufgestellt. Eine spezielle Sammlung von römischen Steindenkmälern befindet sich im Stuttgarter Lapidarium.